Das, was ich an meiner künstlerischen Arbeit ganz besonders liebe, ist das Zuhören. Es mag verwunderlich klingen, da ich als Malerin eher dem Ausdruck, den Farben, Linien und Kompositionen verschrieben bin. Und doch ist es in meiner Arbeit ganz wichtig, gut zuzuhören. So baue ich den Kontakt zu den Menschen auf, die mir ihre Geschichten erzählen, jene Erinnerungen und Träume, die ich dann für sie in Malerei übersetze, in Bildsprache und in Farben. Und auch den Stücken selbst, die mich finden, möchte ich gut zuhören. Jedes dieser alten Stücke bringt eine geheimnisvolle Geschichte mit. Jedes trägt die Spuren der Zeit und seine Erlebnisse unmittelbar auf seiner „Haut“, in Form von Kratzern, abgeplatzten Stellen, alten Lackierungen, abgerundeten, oft befühlten Ecken und Kanten. Schrift, Papier, Aufkleber, Stempel… mir ist schon sovieles begegnet!
Dieser graue Reiher ist auch aus dem Zuhören heraus entstanden. Ich habe mir das Holzbrett, das einst ein Einlegeboden aus einem alten Schrank gewesen ist, genau betrachtet. Habe seine Makel, die abgeplatzten Stellen des Furniers, sanft geglättet und bin mit einem Stift den Linien des Holzes gefolgt. Es hat eine wunderschöne Maserung, die an Wasser erinnert. Die Stellen, an denen das Furnier abgeplatzt war, lassen das darunterliegende Holz durchschimmern, das viel heller ist und sich dem Bild als Gestaltungsmittel zur Verfügung gestellt hat. Es könnten Sonnenstrahlen sein oder ein Spiel aus Licht und Schatten.
Ich mag es so, wenn die alten Dinge, die sich auf meinem Werktisch wiederfinden, ihren Eigensinn, ihre Geschichten, ihre Formensprache mitbringen. Dem zuzuhören, es zu betrachten und darauf zu reagieren, ist wie ein Gespräch. Nur eben nicht mit Worten, sondern mit Farben, Pinseln, Papieren, Zeichnung und Intuition.