Dieses besondere Möbelstück ist ein Frühlingswerk und es hat viele Geschichten zu erzählen. Einerseits ist es ein uraltes Möbelstück, das über ein Jahrhundert lang in einer alten Mühle eines kleines Dorfes nahe der Havel gewohnt hat. Wir können seine Geschichten nur ahnen, uns hineinträumen und mit den Fingern den Spuren folgen, die die Zeit an dieser alten Kommode hinterlassen hat.
Mein Wunsch in der künstlerischen Arbeit mit diesen wundervollen alten, manchmal sehr alten Stücken ist es, diese Spuren nicht zu verwischen, sondern zu zeigen, neu zu denken und neu zu interpretieren. Natürlich habe ich dieses Möbelstück auch aufgearbeitet, habe die Oberflächen, Kanten und Bruchstellen des Holzes wieder glatt geschliffen und alle gelösten Verbindugen wieder neu geleimt.
Dann bin ich in die künstlerische Gestaltung und in die Geschichte hineingegangen, die ich diesem Stück mitgeben möchte. Es träumt nun von einem Frühlingshimmel, an dem die Schwalben tanzen. Ein mattes, helles und luftiges Graublau verleiht den Türen eine neue Farbe, doch sie ist leise genug, um nicht zu laut zu sein. Ein zartes Fliedergrau schenkt der großen Schublade etwas Leichtigkeit und Ruhe und betont die Komposition. Auf dem Holz, das nicht bemalt wurde, habe ich mit einem hellen Kreidewachs gearbeitet. So ist die Maserung und Beschaffenheit des Holzes weiterhin sichtbar und gleichzeitig ein bisschen aufgehellt. Und nun zu den Spuren der Zeit… In der Holzoberfläche waren zum Teil tiefe Kratzer, die durch ein einfaches Schleifen nicht weggegangen wären. Also wollten sie da sein und erzählen und ich lasse sie erzählen. Doch um ihnen auch eine neue Bedeutung zu schenken, habe ich kleine Blätterchen darum herum verteilt. So könnte man meinen, die Kratzer wären die Linien und Stielchen der Blätter. An der linken oberen Seitenleiste ist ein hölzernes Verzierungselement weggebrochen. Statt es zu ersetzen, habe ich ich eine längliche Blattform aus einem handgeschöpften Papier geschnitten und genau auf die bloßgelegte Stelle geleimt, an der einst das Schmuckteil gewesen sein muss. An der großen schönen Schublade war unten links ein Teil des Holzes weggebrochen. Ich habe diese Stelle glatt geschliffen und und traditionelles japanisches Papier eingesetzt, das an die Wolken des Himmels erinnern kann, an dem die Schwalben fliegen.
Da dieses Möbelstück – eigentlich so massiv gedacht und aus gutem Holz gebaut – nun von soviel Leichtigkeit, zarten Kratzern, Linien und hellen Flügen am Himmel erzählt, trägt dieses einzigartige Werk den Namen „Frühlingsfeder“.